„Was hat es mit Dir gemacht, als Du davon erfahren hast“, wurde ich von, nennen wir ihn Mark, gefragt. Ich antwortete ihm, dass ich es selbst sehr interessant finde, aber dass ich der „Sache“ gegenüber sehr neutral, nicht verurteilend, nicht bewertend war. Mich begleitete eher eine Trauer und die Frage, in was für eine Sache er da hineingeraten sei.
Die Sache, von der ich spreche, handelt von einem Manager, der zum Betrüger wurde.
Ein 60 jähriger Geschäftsführer eines Schweizer Unternehmens hat zwölfeinhalb Jahre lang Gelder seines Arbeitgebers veruntreut. Möglich war das über viele Jahre, weil er ein aufwendiges und ausgeklügeltes Buchhaltungssystem beherrschte und wo nötig Urkundenfälschung betrieb. Obwohl er immer wieder Gelder zurückzahlte, entstand ein Schaden von über 2 Millionen Schweizer Franken bis sein Tun 2021 aufflog. Zusätzlich zu diesem Schaden kommen nochmals Steuerschulden und Kreditschulden von ca 1 Million Schweizer Franken.
Den Zeitungen kann man entnehmen, was Mark mit dem Geld finanziert hat und suggeriert damit Bilder eines Mannes, den die Zeitungslesenden nicht kennen aber meinen zu kennen.
Mich hat es vor allem betroffen gemacht, welche Bilder unterschiedliche Zeitungen generieren und wie sie sich an den Geschichten von Menschen bereichern.
Auf meinem persönlicher Weg übe ich mich im „Nichtbewerten“ und merke wie das Leben dadurch wesentlich entspannter wird. Wenn ich bei mir eine Irritation wahrnehme, ausgelöst durch das Verhalten anderer Menschen, sage ich mir: „Diese Seele muss jetzt wohl diese Erfahrung im Leben machen.“ Dadurch bekomme ich Abstand und Akzeptanz und die Demut, dass es mir nicht zusteht Menschen zu bewerten. Es lehrt mich auch, dass ich nicht überall eine Antwort geben muss.
Da Mark vollumfänglich geständig war, konnte der Prozess im abgekürzten Verfahren stattfinden. So wurde er wegen Veruntreuung, Urkundenfälschung und ungetreuer Geschäftsbesorgungen rechtskräftig zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt. Davon 6 Monate in Halbgefangenschaft.
Ich freue mich, dass er uns selbstreflektiert die Möglichkeit gibt, Einblicke davon zu bekommen, wie man in eine solche Spirale gerät. Ich sehe es auch als Möglichkeit, dass wir uns mit unseren eigenen Bewertungsmustern und Vorurteilen auseinandersetzen können.
Wir sprechen mit Mark bei einem gemeinsamen Businesslunch über:
- Die Geschichten, die hinter einer Tat liegen.
- Was die Suche nach Liebe und Anerkennung aus uns macht.
- Wie man durch Kooperation, Einsicht und Demut Milde erfahren kann.
- Wo fängt Betrug an und steckt nicht in jedem von uns ein Betrüger?
- Ein Mensch, der versteht, kann leichter verzeihen.
- Wie uns eigenes Fehlverhalten krank macht.
- Die Macht von Süchten.
- Wie wichtig es ist zu arbeiten, um nicht am eigenen Schicksal zu verzweifeln.
- Welche Menschen auch in schwierigen Situationen zu uns halten, aber auch dass die Menschen das Recht haben enttäuscht zu sein.
Hier geht es zu den verschiedenen Terminen